Vanessa Weber ist Geschäftsführerin der Werkzeug Weber GmbH & Co KG und führt das Unternehmen in vierter Generation. Sie ist Bloggerin und Fachautorin namhafter Medien, Influencerin rund um die Themen modernes Unternehmertum, Innovation und Führung. Als Gründerin der Vanessa Weber Stiftung setzt sie sich für Bildung und Nachhaltigkeit ein, ist Aktivistin in verschiedenen Umwelt- und Klimaschutzbewegungen sowie engagiert in Gremien verschiedener nationaler und internationaler Wirtschafts- und Berufsverbände. 2019 wurde sie vom Bundeswirtschaftsministerium als „Vorbildunternehmerin“ ausgezeichnet.
Du bist seit 23 Jahren CEO in einem Großhandels-Unternehmen, was waren die größten Umbrüche und Veränderungen, die du managen musstest?
Der Weg in die digitale Welt. Bereits vor über 10 Jahren sind wir als Amazon Vendor in das Thema E-Commerce eingestiegen – das ist für uns schon wieder out. Aber ich habe oft den richtigen Riecher was neue Märkte angeht, dadurch sind wir sehr früh in den Online-Bereich einsteigen. Corona hat gezeigt, dass viele Händler überhaupt nicht digital sind und heutzutage immer noch keinen Online-Shop haben. Hier haben wir bundesweit noch Hausaufgaben zu machen. Wir investieren gerade in KI, Drohnenbelieferung und 3D-Druck. Meinen Innovations-Antrieb habe ich von meinem Vater, der damals auch sofort das erste Fax, den ersten Computer und das erste Mobiltelefon hatte. Man muss die Nase immer im Wind haben und aktuelle Themen aufgreifen. Natürlich ist manche Idee auch mal schief gegangen, das gehört dazu. Manchmal waren wir sind unserer Zeit voraus, gerade auch mit dem Thema Nachhaltigkeit das ich schon seit 2012 vorantreibe.
Du sprichst von deinem Vater. Worin unterscheiden sich Familienunternehmen von Anderen?
Inhabergeführte Unternehmen haben einen hohen Wertekomplex. In Aktionärsgesteuerten Unternehmen beherrschen die Zahlen und nicht die Menschen. Im Familienunternehmen zählt der Mensch mehr – klar müssen sie Zahlen stimmen, aber es ist eben nicht das einzige Augenmerk. Der viel zitierte „ehrbare Kaufmann“ hat hier noch Gewicht. Der Handschlag gilt und das Wort hat noch seine Gültigkeit; es braucht nicht immer milliardenschwere Verträge, die zwischen Anwälten geschlossen werden.
Wie sehr spürst du die Herausforderungen „Fachkräftemangel“ und „Digitalisierung“ im täglichen Kontakt mit Kunden aus Handwerk, Gewerbe und Industrie?
Unser Hauptkunde ist aus dem B2B Bereich und hier vor allem die metallverarbeitende Industrie sowie Mittelstänige Betriebe. Aber auch das Handwerk, dort steht der Fachkräftemangel an der Tagesordnung, da viele Jugendliche nicht mehr mit ihren Händen arbeiten möchten. In der Industrie entwickelt sich hingegen durch Automatisierung und Industrie 4.0 viel weiter, wodurch sich neue Arbeitsfelder (3D-Konstrukeure/ Data Analysten) ergeben.
Welche Innovation Ihrer Branche hat Sie kürzlich begeistert?
Die Dinge, an denen unser PVH Future Lab arbeitet. Ich liebe es, wenn Lösungsansätze verfolgt werden, die es den Mitarbeitern durch KI ersparen, sich durch Akten und Dokumente oder Daten zu kämpfen. Es gibt Anruf-Erinnerungen oder Infos sobald sich Nachfragen ändern. Erkennt die KI zum Beispiel, dass fast alle Kunden einer Branche Handschuhe bei uns kaufen und einer nicht, schlägt sie vor, auch diesem welche anzubieten. Solche Systeme werden künftig Vertriebler unterstützen und die vernetzte Arbeit im Einkauf könnte genau zeigen, welcher Händler was auf Lager hat, wer welche Waren liefert und mit welchem Preis ich am besten in ein Angebot gehe. Im Zusammenschluss mit anderen Nachfolge-Unternehmer:innen wollen wir, unter anderem, das Thema KI im Handel voranbringen.
Ich sehe nicht meinen Wettbewerb, der vor der Tür sitzt als Wettbewerb, wir sitzen alle im gleichen Boot im globalen Wettbewerb. In der Gemeinschaft geht’s besser, wir sollten Ideen teilen und Geld und Ressourcen gemeinsam nutzen.
Sie sind Mentorin, Botschafterin und Stifterin, woher nehmen Sie die Zeit für diese vielen beeindruckenden Engagements? Haben Sie ein besonderes Herzenz-Projekt?
Ich habe vor vier Jahren eine halbe Weltreise über 2,5 Monate gemacht. Bis dahin war ich im Hamster-Rad Tagesgeschäft gefangen. Nach der Reise gab es kein Tagesgeschäft mehr und ich konnte andere Dinge tun. Ich arbeite nicht mehr IM, sondern AM Unternehmen, an der Mitarbeiterführung, Zukunftsfähigkeit und dem Markenaufbau. Aufgrund des Todes meiner Schwester, habe ich mir die Frage gestellt, was passieren würde, wenn ich auf einmal sterben würde. Daraufhin habe ich meine Stiftung mit den Schwerpunkten Nachhaltigkeit und Bildung gegründet. Wenn man mit Kindern zusammen Bäume pflanzt, sie rhetorisch fit macht und sie plötzlich eigene Projekte starten, merkt man, wie viel sie zu sagen haben.
Im Allgemeinen fördere ich gerne Talente: Ein gutes Beispiel ist Green Monkey. Ich war eigentlich nur in meinem Handyladen und habe beiläufig erzählt, dass bald wieder unser Startup-Wettbewerb „Gründerturbo“ startet. Dann hat mir der Besitzer erzählt, dass er „da auch so eine Idee hat“. Obwohl Sie noch nicht ausgereift war, habe ich ihn ermuntert sich zu bewerben: er hat gewonnen – war bei Höhle der Löwen und ist heute sehr erfolgreich. Bei solchen Geschichten freue ich mich einfach mit!
Sie haben vor kurzem das Buch #malehrlich geschrieben. Was war der Anreiz dazu?
Die Idee hinter dem Buch ist, Führungskräften ein “immer dabei Buch” an die Hand zu geben. Ein Buch, das man immer herausholen kann und das für jede Woche des Jahres einen neuen Impuls gibt. Mal spendet es Trost, mal Inspiration, mal gibt es die reine Erkenntnis, dass auch andere mit ähnlichen Herausforderungen zu kämpfen haben. Ich gebe gerne Impulse weiter und schreibe hier ganz offen heraus, welche Gedanken mir als Unternehmerin durch den Kopf schießen – deswegen auch der Titel.
Die Kapitel drehen sich um Werte, Führung, Innovation, Nachhaltigkeit, unternehmerisches Engagement und Persönlichkeit. Wo sehen Sie am meisten Nachholbedarf in der deutschen Unternehmer-Landschaft?
Generell im Mut, auch mal neue Dinge auszuprobieren. Es ist nicht schlimm, wenn etwas nicht klappt, aber dann habe ich es zumindest probiert. Auch mich haben einige Dinge viel Geld gekostet, aber hätte ich es nicht ausprobiert, wäre ich heute nicht so erfolgreich. Ich wünsche mir mehr Wagemut im Mittelstand. Der größte Hemmschuh ist, dass Veränderungen nicht gemacht werden. Ich sage: zeigt euch, geht raus, sagt, was ihr Gutes tut und traut euch Eure Ideen umzusetzen.
Was ihr größtes Learning als Unternehmerin?
Man muss seine eigenen Erfahrungen machen, seinen eigenen Weg finden und seine Persönlichkeit kennenlernen. Nur Vorbildern nacheifern bringt Nichts, man muss sich selbst kennenlernen und selbst ein Original werden und das braucht Zeit!
Bald stehen die Wahlen an. Welche Themen muss die nächste Regierung mit besonderem Augenmerk versehen?
Klima, das ist klar. Wichtig ist auch, jetzt nicht noch weiter die Wirtschaft zu schwächen – da hat Corona schon genügend angerichtet. Die deutschen Gesetze sind nicht für Gründer ausgelegt, es ist nicht leicht hierzulande zu gründen oder innovativ zu sein. Datenschutz, Bürokratie – wir legen uns selbst viele Steine in den Weg. Wir brauchen keine zusätzliche Belastung für die Unternehmen. Auch die Klimakrise lässt sich nicht komplett mit politischer Steuerung lösen, sondern damit, Unternehmen zu fördern, die zur Lösung der Krise beitragen.
Sie haben bereits viel erreicht. Was ist ein Ziel, das Sie unbedingt noch reißen wollen?
Ich möchte gerne aktiv die Zukunft im eigenen Unternehmen weiter gestalten, die familiären Werte aufrechterhalten und mit meiner Stiftung und dem Baumpflanz-Engagement weiterkommen. Kürzlich habe ich einen großen Partner gewonnen: Salesforce, mit dem wir in den nächsten 10 Jahren eine Million Bäume pflanzen wollen. Ich möchte aber noch mehr Mitstreiter finden, die sich für Nachhaltigkeit und Bildung engagieren und auch mein eigenes Unternehmen dafür einsetzen.
Warum bist du Mitglied im THE GROW Entrepreneurs Club geworden?
Unternehmertum bewegt mich schon lange und Startup Mentoring mache ich seit vielen Jahren ehrenamtlich. Ich bin als Familienunternehmerin sehr aktiv, habe aber auch gemerkt, dass es manchmal schwierig vorangeht. Also habe ich mich mit zwei anderen Unternehmerinnen zusammengeschlossen und überlegt, wie wir das Thema Nachfolge „sexy“ machen können. Es wird immer viel über Startups gesprochen, aber auch der Mittelstand bringt neue Innovationen und Unternehmen hervor. Auch Green Monkey war ja eine Gründung aus einem bestehenden Unternehmen heraus und unser Drohnenprojekt auch, diesem Thema „Nachfolge“ und „Innovation im Mittelstand“ mehr Aufmerksamkeit zu schenken und eine Stimme zu verleihen, das habe ich mir auf die Fahne geschrieben.
Mit dieser Mission, „Familienunternehmer-Entrepreneurship“ zu stärken bin ich an die THE GROW Chairmen Bernhard und Gerold herangetreten. Um eine breite Masse zu vertreten, die oft nicht gesehen wird. Dafür eine Lobby zu schaffen, das möchte ich bei THE GROW verwirklichen. Wir müssen kluge Lösungen finden, die wir in Zukunft brauchen, um als Europa sichtbar zu bleiben und nicht in der Versenkung zu verschwinden.
Wir sind sehr stolz, Vanessa Weber als Chairwoman für das Chapter Rhein-Main-Neckar gewonnen zu haben – hier wird es sicher bald Einiges zu hören geben!
Das THE GROW Magazine
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